Augen auf beim Autokauf: 5 Tips zum neuen Wagen

Es gibt viele Gründe, sich für ein neues Auto zu entscheiden; sei es, daß der letzte Wagen die HU nicht mehr bestanden hat, ein Unfall das Fahrzeug unrettbar beschädigt hat oder einfach die Familienplanung nach einem anderen Autotyp verlangt. Diesen vielzähligen Wechselgründen stehen unzählige Fahrzeugtypen gegenüber. Für welchen Typ Sie sich entscheiden - ob Kombi, Limousine oder Cabrio - das müssen Sie selber wissen.

Ob ein Fahrzeug aber das hält, was der Verkäufer verspricht, das können Sie teilweise beim Fahrzeugkauf selber überprüfen. Wie - das verrät Ihnen der folgende Beitrag.

Nichts ist ärgerlicher, als bei einem neu gekauften Fahrzeug erst Tage oder Wochen nach dem Kauf auf Mängel aufmerksam zu werden, die man ggf. beim Kauf bereits hätte bemerken können. Denn dann hätte man den Kaufpreis um die Kosten des Mangels reduzieren können oder gar - falls das Problem tiefergehender Natur ist - ganz auf den Kauf verzichten können. Deshalb ist es ganz wichtig, den Kauf nicht überstürzt abzuwickeln, sondern das Fahrzeug auf Herz und Nieren vor dem Kauf zu prüfen. Das ist nicht so schwierig wie es sich anhört, sondern kann auch von Technikmuffeln durchgeführt werden. Im Folgenden wird Ihnen mit Hilfe von 5 Punkten erläutert, wie Sie beim Gebrauchtwagenkauf die guten von den schlechten Angeboten trennen können.

  1. Gehen Sie zur Fahrzeugbesichtigung nicht alleine. Insbesondere wenn Sie bereits Bargeld dabei haben, sollte immer eine 2. Person zugegen sein. Empfehlenswert wäre natürlich jemand mit technischem Sachverstand im Automobilbereich, aber auch ein "Nicht-Techniker" kann Ihnen z.B. bei der Kontrolle der Lichtanlage oder bei der Probefahrt mit seinen Augen und Gehör zur Seite stehen.
  2. Lassen Sie sich vom Verkäufer sämtliche relevanten Dokumente zeigen. Hierzu gehört nicht nur die Zulassungsbescheinigung Teil 2 ("Fahrzeugbrief"), aus dem Sie die Anzahl der Vorhalter erkennen können (namentlich leider nur den aktuellen und den vorherigen Halter), sondern auch die letzten HU-Berichte, das Scheckheft (ggf. einen Ausdruck aus dem digitalen Servicebericht) und, wenn vorhanden, Rechnungen über Reparaturen. Mit Hilfe dieser können Sie bspw. den Kilometerstand des Fahrzeugs auf Plausibilität prüfen, mögliche technische Probleme erkennen (z.B. durch Hinweise bei der letzten HU durch den Prüfer) oder anstehende bzw. durchgeführte Reparaturen erkennen (Wartungsstand, fälliger Zahnriemenwechsel etc.).
  3. Schließen Sie auf jeden Fall einen Kaufvertrag. In diesem befinden sich sämtliche für das Fahrzeug relevanten Angaben wie Kilometerstand, Fahrgestellnummer, Vorbesitzer und Name des Verkäufers. Lassen Sie sich zusätzlich noch den Personalausweis des Verkäufers zeigen und tragen Sie die Personalausweis-Nr. des Verkäufers in den Kaufvertrag ein. Kein Kaufvertrag zur Hand? Kein Problem, auf der Webseite des ADACs können Sie sich kostenlos einen downloaden.
  4. Wenn Sie sich selber die Prüfung des Fahrzeugs nicht zutrauen, so beauftragen Sie doch jemanden. So bietet der ADAC oder viele Prüfstützpunkte bekannter Prüforganisationen (Dekra, TÜV, KÜS, GTÜ etc.) die Möglichkeit, gegen geringes Entgelt den Wagen auf Herz und Nieren prüfen zu lassen. Auch die Werkstatt ihres Vertrauens kann solch eine Überprüfung durchführen. Hier haben Sie auch die Möglichkeit, sämtliche elektronische Komponenten mittels Diagnosetester abfragen zu lassen, so daß Fehler i.d.R. zuverlässig entdeckt werden können. Ein seriöser Verkäufer wird sich diesem nicht verweigern. Somit haben Sie Gewißheit, daß eine unabhängige Partei den Wagen gesehen und bewertet hat.
  5. Führen Sie eine ausgiebige Probefahrt durch. Hierbei sollten Sie folgende Punkte genau beachten:
    • Vor dem Motorstart kontrollieren Sie bei eingeschalteter Zündung sämtliche Kontrollampen im Kombiinstrument und im Fahrzeuginnenraum. Normalerweise müssen diese Lampen alle angehen, um die Funktionsfähigkeit der Lampe zu signalisieren. Nach Motorstart gehen diese Lampen dann alle aus. Leuchten einige Lampen (bsp. ABS, ESP, MIL, RDKS, Airbag etc.) nicht bzw. immer, dann liegt im jeweiligen System ein Fehler vor. Sind Sie sich über die Bedeutung einer Kontrollampe nicht im Klaren, dann hilft Ihnen die Bedienungsanleitung weiter.
    • Starten Sie den Motor und fahren Sie los. Achten Sie auf Geräusche beim Lenken, Bremsen und Geradeaus- sowie Kurvenfahrt. Ist der Schalleindruck des Fahrzeugs leise? Dies sollte der Normalfall sein! Oder ändert sich die Geräuschkulisse des Fahrzeugs bei Kurvenfahrt oder beim Lenken? Klappert das Fahrwerk beim Überfahren von Bodenunebenheiten? Wie läuft der Motor? Reagiert er sanft auf das Gasgeben oder eher ruckelig und unrund? Sind bei Motorlauf im Stand starke Vibrationen im Innenraum spürbar? Läßt sich die Kupplung leicht treten und die Gänge sanft einlegen? Probieren Sie folgendes: Halten Sie an, treten Sie die Kupplung, warten Sie zwei Sekunden und legen Sie dann den Rückwärtsgang ein. Geht dieses ohne Geräusche? Dann ist mit der Kupplung wohl alles in Ordnung.
    • Im nächsten Schritt probieren Sie einfach alles an dem Fahrzeug aus. Läßt sich die Haube öffnen, gehen alle elektrischen Fensterheber? Funktioniert die Lichtanlage, Blinker, elektrischen Spiegel, Sitzheizungen, heizbare Heckscheibe (wird nach kurzer Zeit im Bereich der Drähte warm), Radio, Scheibenwischer, Hupe, Handbremse/Feststellbremse (anziehen und lösen), Sitze (in alle Richtungen verstellen), Zentralverriegelung, Türen (leichtgängiges Öffnen und Schließen), Gurte und Gurtschlösser und was es sonst noch an Extras in dem Wagen gibt.
    • Kontrollieren Sie die Federbeine und Stoßdämpfer, in dem Sie die Lenkung ganz in eine Richtung einschlagen und dann mit einer Taschenlampe über den Reifen die Federn und Stoßdämpfer betrachten. Federbrüche sind allerdings meistens an den Federenden zu finden, weshalb ein kleiner Spiegel sinnvoll sein könnte. Die Stoßdämpfer dürfen keine nennenswerten Ölverluste haben, minimales Schwitzen im Bereich der Kolbenstange ist jedoch unschädlich. Schauen Sie die Reifen an. Messen Sie das Profil (mindestens der silberne Rand einer 2€-Münze sollte darin verschwinden). Zeigt es Risse oder sind gar Beulen an der Reifenflanke, so sind neue Reifen fällig. Ist das Profil schief abgelaufen, d.h. auf einer Seite ist weniger Profiltiefe als auf der anderen Seite des gleichen Reifens, dann liegt ein Fehler im Fahrwerk vor. Werfen Sie mit der Taschenlampe einen Blick auf die Bremsscheiben -und beläge. Können Sie unter der Belagträgerplatte noch Bremsbelag erkennen? Kontrollieren Sie den Rand der Bremsscheiben. Ist hier ein großer Rand bemerkbar, dann brauchen Sie evtl. bald neue Scheiben. Ebenso bei starkem Rostauftrag und Riefen, wobei der erste Rost sich nach ein paar Bremsungen auflöst.
    • Nun ist die Karosserie dran: Wackeln Sie an den Frontscheinwerfern. Diese müssen fest mit der Karosserie verbunden sein. Auch die Spaltmaße des Fahrzeugs gilt es zu beachten: passen die Türen mit gleichem Abstand in die Karosserie? Benutzen Sie hierfür den kleinen Finger, um den Abstand der Spaltmaße von Türen, Stoßfängern und der Motorhabe zur Karosserie zu kontrollieren. Ungleichmäßige Spaltmaße deuten auf ausgetauschte Bauteile und ggf. auf einen Unfall hin. Schauen Sie sich am besten bei Trockenheit die Lackierung des Fahrzeugs an. Gibt es Kratzer (v.a. an Spiegeln, Stoßfängerecken, Motorhaube, Türkanten, Dach)? Ist der Lack überall gleich, d.h. gibt es starke Farbnuancen? Hier könnte nachlackiert worden sein.
    • Zu guter Letzt sind noch ein paar Sichtprüfungen erforderlich: Kontrollieren Sie die Frontscheibe auf Steinschläge und Risse. Vor allem im Sichtbereich des Fahrers könnte dies den teuren Wechsel der Frontscheibe bedeuten. Des Weiteren probieren Sie so weit wie möglich den Motorraum sowie den Bereich unter dem Fahrzeug zu kontrollieren. Mit Hilfe einer Taschenlampe können Sie ggf. Ölverlust am Motor, Getriebe oder der Lenkung erkennen sowie Roststellen im Schwellerbereich und Unterboden lokalisieren. Auch sollten Sie einen Blick auf die Brems- und Krafstoffleitungen werfen, ob diese korrodiert oder rissig (Bremsschläuche) sind. Hilfreich hierfür ist natürlich eine Grube oder Hebebühne. Falls der Wagen auf einer Hebebühne angehoben werden kann, dann "wackeln" sie auch an den vorderen und hinteren Rädern. Ergibt sich hier ein Spiel, d.h. das Rad gibt leicht nach, dann könnte ein Fahrwerksteil ausgeschlagen sein (bspw. der Spurstangenkopf, ein Traggelenk oder das Radlager).

Fazit: Mit etwas Hintergrundwissen, Zeit, Geduld, einer Taschenlampe und ggf. einem Spiegel sind Sie auch als totaler Techniklaie in der Lage, die schlimmsten Wracks im Gebrauchtwagenbereich zu erkennen und sich so eine Menge an Ärger zu ersparen. Ob der Traumwagen für unter 2000€ dabei sein wird ist recht unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich ("Rentnerfahrzeuge" o.ä.). Die Preisklasse darunter ist eher nur etwas für echte Experten, da das Risiko, ein Mangelexemplar zu erwischen, überproportional ansteigt.

Übrigens: Händler probieren gerne, dem Kunden Autos "ohne Garantie" oder "ohne Gewährleistung" zu verkaufen. Hierzu muß man wissen, daß beim Verbrauchsgüterkauf die Gewährleistung zwischen einem Unternehmer und einer Privatperson nicht wirksam ausgeschlossen werden kann. Falls Sie keine Ahnung von Garantie und Gewährleistung haben, dann empfehle ich Ihnen folgenden Beitrag. Auch versuchen Händler gerne mal, einen Wagen "im Auftrag" zu verkaufen. Das muß der Händler jedoch ungefragt angeben, da bei diesen Fahrzeugen nicht der Händler der Verkäufer ist, sondern eine andere (Privat-)Person. Somit kann und wird die Gewährleistung vermutlich im Kaufvertrag ausgeschlossen werden.

Ihr Team von
"Oliver Klinck - KFZ-Reparaturen"